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Geschichte / Mittelalter
“Kleinerdlingen”
durchlief einige Namensvarianten: Erningen, Erlingen, Örningen,
Ärningen, Kleinnördlingen, schließlich “Kleinerdlingen”. Der Name
deutet auf einen allemannischen Sippenhäuptling “Erno” hin, der hier
mit seinen Leuten Fuß gefaßt hatte.Als Teil des alten Königsgutes im
Südries, zu dem auch der Königshof im späteren Nördlingen gehörte,
entstand das jetzige Dorf aus zwei sich später herausgebildeten
Güterkomplexen: aus dem Nördlinger Komplex und aus der Besitzmasse der
Herren von Hürnheim.Auch kirchlich durchzog diese Trennlinie bis 1602
n. Chr. die Christengemeinde: der ursprünglich zu den Hürnheimern
gehörende Teil – die Edelherren waren auch in Nähermemmingen und in
Holheim und südlich davon begütert – gehörte zur alten Pfarrei Holheim,
umfassend Schloß und Schloßhof, die Taverne und die Dienstsölden wie
Schmiede, Baderhaus und Haus des Lastknechtes. An den Schloßhof mußten
Holheimer Höfe und Sölden bis zum Ende des Alten Reiches den Heuzehnten
zahlen (wohl zum Unterhalt des Gemeindestiers).Mit Hilfe zweier bis
1806 gebräuchlicher Maßnormierungen (“Deininger Maß” und “Nördlinger
Maß”) und einer Zusammenschau der Flurstücke der alten Höfe lassen
sich versuchsweise zwei Urhöfe ausmachen: der Hürnheimer Hof, aus dem
vor 1250 die Kommende gestiftet wurde und der Nördlinger Hof, der zum
Unterhalt der Nördlinger Geistlichen und Mesner beitragen mußte. Später
sind durch Rodungen auf der Marienhöhe und Trockenlegung von
Sumpfgebieten , aber auch durch immer wieder vorgenommene Teilungen
neue Höfe gebildet worden. Die Höfe und ihre späteren Ableger standen
um einen großen, vom “Bettelgraben” durchzogenen Anger, der durch
Hofteilung und Vergrößerung der Wohn- und Hofgebäude, Verlegung des
Bachbettes und geänderte Straßenführung verschwand. Auch hat man später
entgegen früherer Gewohnheit die Wohnhäuser bis an die Straße gebaut
bzw. erweitert.Die Kommende selbst ist vermutlich aus einer
Wehrturmanlage hervorgegangen, die in Ergänzung der Befestigungsanlage
in Holheim als Wasserturm inmitten von damals umfangreichen
Sumpfgebieten (Dorfname “Frösche”) die Straße von Ulm nach Nördlingen
und den königlichen Besitz geschützt haben mag. Die Edelherren von
Hürnheim haben nun in dieser – vermutlich älteren – Wasserburg vor 1250
ihr Spital gegründet und den “Brüdern des Hospitals des Heiligen
Johannes zu Jerusalem” gegeben und anfänglich karg ausgestattet. Das
Haus war bestimmt zur Pflege der Pilger, der Reisenden und Kaufleute
und blühte zunächst auf. Wirtschaftliche Erfolge und hohes Prestige
ermöglichte den Zukauf des restlichen Hürnheimer Besitzes (1273) mit
Ausnahme der Vogtei über den “Heidenheimer Hof”, der ursprünglich nach
Nördlingen gehörte. 1277 erwarb die Kommende vom Kloster
Mönchsdeggingen die Bruckmühle in Nähermemmingen, dazu weitere
Erwerbungen einig Jahre später. Als in den Jahren 1309 und 1312 die
Oettinger Grafensöhne Ludwig und Friedrich in die Kommende eintraten,
wuchsen den Brüdern vom Hospital des Heiligen Johannes zu Jerusalem
beträchtliche Vermögenswerte und Kirchenrechte zu: Wald- und
Grundbesitz und Patronate in Bissingen und Unterringingen. Auf diesem
Vermögenszuwachs gründeten die Grafen von Oettingen die Erbvogtei über
die Kommende und in einem über 500 Jahre dauernden Streit die spätere
faktische Landeshoheit. Mit dem Aufblühen der Reichsstädte, der
zunehmenden Leistungsfähigkeit der dortigen Spitäler und
Gastronomiebetriebe, ebenso mit dem Aufblühen der sozial tätigen Stadt
– Orden verloren die Ordensritter ihre unmittelbaren gesellschaftlichen
Gründungsaufgaben in Deutschland. Lediglich der Waffendienst auf den
Ordensgaleeren im Mittelmeer gab den Brüdern noch eine europäische
Geltung, die sie durch ihre Erfolge gegen die Seeräuber und die
expandierende türkische Seemacht zu steigern wußten. Die Kommenden
hatten dann bis zur Aufhebung des Ordens 1808 lediglich die Abgaben für
die Ordenszentrale in Rhodos und später in Malta abzuliefern und die
Renten für den Komthur und die adskrbierten Brüder zu erbringen. Der
Komthur, nicht selten Herr über mehrere Kommenden mußte von seinen
Einkünften und oft genug von seinem ererbten Privatvermögen den
Verwalter und das Kommendepersonal bezahlen und die Baulast für die
Kommende und die eingegliederten Pfarrkirchen tragen. Die Ordensritter
selbst waren bis auf die pfarrlich tätigen Seelsorgepriester meist auf
Malta oder in diplomatischen Diensten, besorgten Geschäfte für ihre
Familie und taten auch Dienst als Soldaten gegen die Feinde der
Christenheit. Der eigentlich Herr der Kommende war der Verwalter mit
seinen Untergebenen – die Komthure waren nur gelegentlich anwesend. Sie
hatten auch das Privileg, in eigener Verantwortung die kirchlichen
Belange zu regeln – ohne sich um den Diözesanbischof zu kümmern. Nur in
den unmittelbaren religiösen Dingen (in spiritualibus) waren sie dem
zuständigen Bischof Rechenschaft schuldig. Das hinderte aber den Grafen
von Oettingen nicht, als Schirmvogt der Kommende im Jahre 1549 die
Bestellung eines katholischen Priesters für die Pfarrei Holheim und ab
1535 für die in die Pfarrei Holheim eingegliederten Katholiken von
Kleinerdlingen einzufordern und durchzusetzen.Vermutlich hat diese
Fürsorge des oettingischen Hauses den Katholizismus in Kleinerdlingen
und Holheim zu dieser Zeit gerettet.
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